Ralph Ardnassak: Mein Name ist Adolf Hitler

Und ebenso, wie Cola di Rienzo noch sterbend einst Rom und die Römer verflucht hatte, so würde ich Deutschland und die Deutschen verfluchen, die sich als unwürdig erwiesen hatten, meine kolossalen und gewaltigen Pläne zu erfüllen, die ich ihnen zugedacht hatte!
Die Pistole? Die Pistole, die ich immer bei mir trug: die Walther Polizei Pistole Kriminal, kurz PPK, im Kaliber 7,65 mm! Eine wundervolle Waffe aus Thüringen, aus Zella-Mehlis! Sie feuert sofort, ohne dass man dazu erst umständlich ihren Hahn spannen muss! System Double Action, sagen die Waffenexperten! Eine flache Waffe mit kurzem Lauf, so dass sie sich nicht unter der Kleidung abzeichnet! Eine beliebte Waffe in der nationalsozialistischen Bewegung! Eine zuverlässige Waffe! Und mehr als dies! Geradezu eine Präzisionswaffe! Sauckel besitzt sie, mit goldenem Eichenlaub am Lauf und Hakenkreuz am Griff. Eine Sonderanfertigung! Die Generäle und Offiziere wählen sie fast ausnahmslos. Auch bei der SS ist diese Waffe beliebt. In den Konzentrationslagern wird sie ehrfurchtsvoll die elegante Genickschusswaffe genannt! Ja, Frau Junge, ich werde mich mit meiner Walther PPK töten und Gift werde ich zur Sicherheit vorher noch schlucken: Zyankali! Ich muss ganz sicher gehen, Kind, dass ich nicht den Russen womöglich noch verletzt und handlungsunfähig in die Hände falle und von ihnen zum Gespött, zum Popanz, gemacht werde, indem sie mich vielleicht nackt in einen Affenkäfig sperren und mich über den Roten Platz zerren! Nein, Kind, ich darf gar nicht an so etwas Würdeloses und Unerträgliches denken! Die Walther PPK und eine Ampulle mit Zyankali werden mir dies, gottlob, ersparen! Es wird die allerletzte Gnade sein, die mir das Leben erweist, nachdem es mir, von unserer grandiosen Machtergreifung bis zu unserem Scheitern in Schlamm und Frost vor Moskau, so viele Gnadenbeweise erbracht hat, an die ich so gern und dankbar zurück denke, Frau Junge! Nicht weinen, Kind! Dies ist der Lauf der Geschichte und viele große Männer sind von eigener Hand gestorben, um der Schande zu entgehen, aus Feigheit miterleben zu müssen, wie sie in den Staub getreten und von ihren Feinden bespuckt werden! Ach, bitte nicht weinen, Kind! Nur nicht weinen, Kind!

Über Ralph Ardnassak

Geboren 1964 in Thüringen. Studium der Germanistischen Linguistik und Geschichte. Tätigkeiten in den Redaktionen regionaler Zeitungen, Dozent in der Erwachsenenbildung, Call-Center-Manager, Geschäftsführer mehrerer mittelständischer Unternehmen. Seit 2013 freiberuflicher Journalist und Autor. Bisher ca. 30 Veröffentlichungen (Erzählungen, Romane, Kurzgeschichten, Lyrik, Dramen, 1 Essay).