Eberhard Schiel: Der Hafen meiner Träume

In der alten Hansestadt Stralsund ist in den fünfziger Jahren auch die Zeit der "Halbstarken" angekommen, wenn auch in abgeschwächter Form und vom Staat argwöhnisch beobachtet, aber dennoch kaum übersehbar. Wir, die wir damals als Jugendliche Ernst genommen werden wollten, hatten andere Vorbilder als unsere Eltern, andere Vorstellungen vom Leben, von der Liebe und der Freiheit. Wir kippten alte, verstaubte Vorstellungen von Moral und Ethik einfach über Bord, damit die Erwachsenen provozierend. Wir gingen in Gruppen durch die Straßen, trafen uns auf dem Rummelplatz oder in der Milchbar, tanzten die neuen wilden Tänze, den Rock `Roll und den Twist, rauchten nicht mehr heimlich im Dunkeln, sondern an der nächsten Straßenecke, knutschten auf dem Bürgersteig ein Mädchen, trugen Röhrenjeans und schwarze Lederoljacken, Igelschnitt oder Schmalzlocke, hörten den aufpeitschenden Gesang von Bil Haley aus dem Kofferradio, gingen gesittet zur Schule und verwandelten uns in der Freizeit in Kopien der westlichen Idole. Wir waren eben noch jung, unerfahren, doch voller Hoffnung, dass es irgendwann mal wieder anders kommt. Wir, die Halbstarken vom Strelasund.

Über Eberhard Schiel

Bücher haben zwar mein Leben nicht verändert, aber doch bereichert, und der eigene Bücherschatz wäre das letzte Gut, das ich in der Not veräußern würde.
Bei den Hobbys hat der Sport immer schon eine besondere Rolle bei mir eingenommen, ob es sich nun um Fußball, Tennis, Laufen oder Gehen handelt.