Daniel Smeritschnig: Der Briefbombenattentäter Franz Fuchs

„Briefeschreiben nützt nichts“, rechtfertigte er im Nachhinein seine Taten. Normale Mittel wären kein Weg, gehört zu werden. Er habe etwas gegen den Ausländerzustrom unternehmen, die Unterwanderung der Regierungs- und Ministerlisten durch Politiker mit ausländischen Namen stoppen müssen. Protestierende Briefe würden nicht einmal gelesen. Es sei erforderlich, der Botschaft Nachdruck zu verleihen. Um der Sache Willen müsse man daher Opfer bringen.

Es ist die Rede von jenem Kriminalfall, der in der Geschichte der Zweiten Republik Österreichs als einzigartig gilt: der Anschlagsserie des Franz Fuchs, der als sogenanntes „Bombenhirn“ von Dezember 1993 bis November 1996 insgesamt 25 Briefbomben, eine Rohrbombe und zwei Sprengfallen baute, durch die elf Menschen schwer verletzt wurden und vier Roma den Tod fanden.

Obwohl Fuchs gefasst wurde, gilt der Fall für viele Österreicher – darunter Kriminalbeamte und ehemalige Politiker – längst nicht als abgeschlossen. So sind einige der Auffassung, dass es sich bei Fuchs nicht um einen Einzeltäter gehandelt habe, sondern er über Komplizen verfügt haben müsse.

Um in Zukunft zu verstehen, welcher Typ von Mensch in der Lage ist, solch grausame Taten zu verüben, macht es sich der Autor in seiner Funktion als Kriminologe zur Aufgabe, den Schwerpunkt dieses Werkes auf Fuchs als Mensch zu legen, da diese Seite des akribischen Bombenbastlers in der bisherigen Literatur zu seiner Person nur wenig Beachtung fand. Die Betrachtung seiner Biografie aber sei entscheidend,
wenn man seine Motivation und Auslöser für sein späteres Verhalten verstehen wolle. Daher werden in diesem Werk neben seiner Kindheit und Jugend auch private sowie berufliche Misserfolge thematisiert.

Darüber hinaus werden die Hintergründe der polizeilichen Ermittlungs-pannen untersucht und dargelegt, warum nicht nur interne Differenzen, sondern auch die Tatsache, dass die SOKO „Briefbombe“ dem Täterprofil zu wenig Beachtung schenkte, dazu beitrugen, dass die Festnahme erst Jahre nach der ersten Briefbombe erfolgte. Ausgehend davon soll die enorme Bedeutung und Effektivität vom damals noch unterschätzten Täterprofiling dem Leser verdeutlicht werden.

Dieses Werk soll abschließend auch die Funktion einnehmen, zu untermauern, dass Täterprofile wichtige kriminalistische Werkzeuge innerhalb der Ermittlungsarbeit darstellen. Besonders bei komplexen Fällen, wie dem von Franz Fuchs, sind diese als unverzichtbar einzustufen, insofern die Fallinformationen, auf denen das Täterprofil beruht, ein Mindestmaß an Quantität wie auch Qualität aufweisen.

So begann Fuchs‘ Bombenkarriere, die in dieser als Nachschlagewerk für Kriminologen und an interessierte Personen dienenden Arbeit thematisiert wird, mit einem anonymen Brief an einen Bundesheerbeamten, welcher am 29.07.1993 in einem Rundfunkinterview hinsichtlich Flüchtlingsfragen Rede und Antwort stand. Auf dieses Interview hin verfasste Franz Fuchs einen anonymen Brief mit dem nachstehenden Text, der bereits viel über seine Person und Motivation offenbarte:

Über Daniel Smeritschnig

Daniel Smeritschnig ist Kriminologe; er erstellte u.a. eine Studie, im Zuge derer 200 Straftäter mit der Frage: „Warum haben Sie die Straftat verübt“ konfrontiert wurden. Seine jüngste ausführliche Studie trägt den Titel: „Raubüberfälle – Welche kriminalsoziologischen Aspekte treffen auf das Profil von RäuberInnen zu?“.