Nicola Bardola: Wolfgang Hohlbein: Leben und Werk

Zu Besuch bei Wolfgang Hohlbein in Neuss: Der Vielschreiber spricht hochkonzentriert, schnell, meist leise und manchmal gepresst. Statt Pausen zu machen, wiederholt er hin und wieder einige Silben. Das ist die suggestive Sprache des früheren Vielrauchers und Dauer-Kaffeetrinkers. Im Gespräch herrscht eine intensive Arbeitsatmosphäre, auch abends beim Essen. Wolfgang Hohlbein ist ein Besessener: besessen von seinen Stoffen, von seinen Plots, von den kommenden Büchern, von den Plänen und Ideen, wie er noch spannender schreiben, wie er seine neuen Bücher noch wirkungsvoller inszenieren kann. Letztlich überlässt er aber die Einzelheiten des Marketings seinem Agenten Dieter Winkler und den Verlagen. Den Mittelpunkt von Wolfgang Hohlbeins Leben bildet das Schreiben selbst. Nächtelang schreiben. In die legendären Notizbücher, in deren Umschlägen er selbst die Titel mit einer Handsäge fräst. Oder an verschiedenen PC- und Laptop-Tastaturen. Oder mit elektronischen Stiften direkt auf flache Bildschirme oder auf digitale Schreib-Pads. Oder in Aufnahmegeräte diktieren, die seine gesprochenen Worte sofort in digitale Buchstaben umwandeln. Wolfgang Hohlbein ist stets auf dem neuesten Stand der Technik, wenn es um Schreibgeräte geht. “Die Apparate sind gar nicht so teuer”, lacht er, “aber die Stifte. Da summieren sich die Kosten.” Wenn Wolfgang Hohlbein eine digitale Phase hat, verbraucht er etwa alle drei Wochen einen Stift, der bei normalen Nutzern viele Jahre hält. In seinen meist dickleibigen Romanen malt er einzelne Szenen bis in die kleinsten Details aus. Wolfgang Hohlbein überträgt seine visuell geprägte Phantasie in Sprache. Was macht die Magie der Hohlbein-Universen aus?
Ulrich Greiner von der ZEIT nannte Hohlbeins Texte “eine Kreuzung aus Michael Ende und Tolkien”. Noch öfter wird Wolfgang Hohlbein mit Stephen King verglichen. Manchmal holt Wolfgang Hohlbein während unseres Gesprächs tief Luft. Wir sitzen am berühmten dunklen Holztisch im Wohnzimmer der Familie Hohlbein. Kaffee, Katzen, Kekse, Hunde. Ein riesiger Bildschirm flimmert stumm im Hintergrund. Kaum sind die Kaffeetassen leer, sorgt Heike Hohlbein für Nachschub. Wie ist es möglich, dass Wolfgang Hohlbein sich in so vielen Genres so erfolgreich ausdrücken kann? Er schreibt für Kinder, für Jugendliche und für Erwachsene. Nicht nur sein “Druidentor” war auf der Spiegel-Bestsellerliste. Wolfgang und Heike Hohlbein sind Kult. Ihnen sind moderne Klassiker der phantastischen Literatur gelungen. “Märchenmond” wird von Generation zu Generation tradiert und neu entdeckt. “Midgard” wird zu den schönsten Versionen der nordischen Sagenwelt gezählt und ist auch in die Edition “Junge Bibliothek” (Süddeutsche Zeitung) aufgenommen worden. Mit “Hagen von Tronje” - Wolfgang Hohlbeins persönlichem Lieblingsbuch - hat er bewiesen, dass er zu den bedeutenden Gegenwartsautoren historischer Romane gehört. Sogar die Hochkultur, die großen Feuilletons lobten Wolfgang Hohlbeins Neuinterpretation der Nibelungensage. Die Liste der Erfolge ist lang. Es gibt aber auch Eltern, Erzieher und Lehrer, die nicht bedenkenlos Hohlbein-Lesefutter empfehlen. Was verbirgt sich hinter der Marke ‚Hohlbein’, also hinter dem “Namen für das Unbegreifliche” (FAZ)? Die neue Doku-Soap „Die Hohlbeins“ auf RTL 2 soll fortgesetzt werden. Der Bekanntheitsgrad des Meisters der Phantastik wächst weiter. Und gespannt wartet der Handel auf neue Bücher Wolfgang Hohlbeins.

Über Nicola Bardola

Nicola Bardola, geboren 1959 in Zürich, studierte Germanistik, begründete die Reihe „Wegweiser durch die internationale Kinder- und Jugendliteratur“ (IJB), betreute Buch- und Illustratoren-Ausstellungen und war u.a. Juror beim Premio Sestri Levante H.C. Andersen. Veröffentlichungen (Auswahl): Meine Besten – Deutsche Jugendbuchautoren erzählen (Arena 2006); Bestseller mit Biss - Liebe, Freundschaft und Vampire - Alles über die Autorin Stephenie Meyer (Heyne 2009); Lies doch mal! Die 50 besten Kinder- und Jugendbücher (cbj, 2011); Morton Rhue: Leben und Werk (Ravensburger, 2012)